Froschkönig am Brunnernrand

Der Froschprinz

Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter, in seinem Hof aber stand ein Brunnen mit schönem klaren Wasser.
An einem heißen Sommertag ging die Älteste hinunter und schöpfte sich ein Glas voll heraus, wie sie es aber so ansah und gegen die Sonne hielt, sah sie, dass es trüb war. Das kam ihr ganz ungewohnt vor und sie wollte es wieder hinein schütten, indem regte sich ein Frosch im Wasser, streckte den Kopf in die Höhe und sprach zu ihr:

„Wenn du willst mein Schätzchen sein,
will ich dir geben hell, hell Wässerlein.“

„Ei, wer will Schatz von einem garstigen Frosch sein“, rief die Prinzessin und lief fort. Sie sagte ihren Schwestern: „Da unten im Brunnen ist ein wunderlicher Frosch, der das Wasser trüb macht.“ Da wurde die zweite neugierig, ging hinunter und schöpfte sich auch ein Glas voll, das war eben wieder so trüb, dass sie es nicht trinken wollte. Aber der Frosch war auch wieder auf dem Rand und sagte:

„Wenn du willst mein Schätzchen sein,
will ich dir geben hell, hell Wässerlein.“

„Das wär mir gelegen“, sagte die Prinzessin und lief fort. Endlich kam die dritte, und schöpfte auch, aber es ging ihr nicht besser und der Frosch sprach auch zu ihr:

„Wenn du willst mein Schätzchen sein,
will ich dir geben hell, hell Wässerlein.“

„Ja doch! Ich will dein Schätzchen sein. Schaff du mir nur eines Wasser.“ Sie dachte aber: „Was schadet dir das, du kannst ihm ja leicht aus Gefallen so sprechen, ein dummer Frosch kann doch nimmermehr mein Schatz sein.“ Der Frosch aber war wieder ins Wasser gesprungen, und als sie nun zum zweiten Mal schöpfte, da war das Wasser so klar, dass die Sonne ordentlich vor Freuden darin blinkte. Sie trank sich richtig satt und brachte ihren Schwestern noch mit hinauf: „Was seid ihr so einfältig gewesen und habt euch vor einem Frosch gefürchtet.“ Danach dachte die Prinzessin nicht weiter daran und legte sich abends vergnügt ins Bett. Wie sie ein Weilchen darin lag und noch nicht eingeschlafen war, da hört sie auf einmal etwas an der Türe krabbeln, und danach singen:

„Mach mir auf! Mach mir auf!
Königstochter, jüngste,
weißt du nicht, wie du gesagt
als ich in dem Brunnen saß,
du wolltest auch mein Schätzchen sein,
gäb ich dir hell, hell Wässerlein.“

„Ei? Da ist ja mein Schatz, der Frosch! Nun, weil ich’s ihm versprochen habe, so will ich ihm aufmachen.“ Also stand sie auf, öffnete ihm die Tür und legte sich wieder. Der Frosch hüpfte ihr nach und hüpfte endlich unten in ihr Bett zu ihren Füßen und blieb da liegen, und als die Nacht vorüber war und der Morgen graute, da sprang er wieder herunter und fort zur Tür hinaus. Am andern Abend, als die Prinzessin wieder im Bett lag, krabbelte es wieder und sang an der Türe. Die Prinzessin machte auf, und der Frosch lag bis es Tag werden wollte wieder unten zu ihren Füßen. Am dritten Abend kam er, wie am vorigen. „Das ist das letzte Mal, dass ich dir aufmache“, sagte die Prinzessin, „in Zukunft geschieht es nicht mehr.“ Da sprang der Frosch unter ihr Kopfkissen und die Prinzessin schlief ein. Wie sie am Morgen aufwachte und meinte, der Frosch sollte wieder fort hüpfen, da stand ein schöner junger Prinz vor ihr, der sagte: „Ich bin der bezauberte Frosch gewesen. Du hast mich erlöst, weil du mir versprochen hast, mein Schatz zu sein.“ Da gingen beide zum König, der gab ihnen seinen Segen und da wurde Hochzeit gehalten. Die zwei andern Schwestern ärgerten sich, dass sie den Frosch nicht zum Schatz genommen hatten.

Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm im zweiten Teil der 1. Auflage von 1815