
Jugendherberge Düsseldorf am Morgen
Im November war ich viel unterwegs und für Märchen war wenig Zeit. Entsprechend kurz waren auch meine Märchenveranstraltungen. Am Anfang des Monats war ich zu meinem wahrscheinlich letzten Workshop bei der Regionalgruppe (RG) der Turner-Syndrom-Vereinigung Münster-Osnabrück in Rulle. Am Samstag darauf habe ich einen Referenten der RG München ersetzt. Am vorletzten Novemberwochenende bin ich zum Treffen des Orgateams nach Düsseldorf gefahren.
Die Märchenstunden
Märchen und Sagen zum Gespräch – online „Die zwölf Jäger“
Dieses Märchen hatte sich Kathrin Hofmann ausgesucht und ich habe sie vertreten. Ich kannte dieses Märchen aus der Sammlung der Brüder Grimm vorher nicht und hätte es auch nicht ausgesucht. Der Titel des Märchens legt nahe, dass es sich hierbei um 12 Männer handelt – weit gefehlt!
In diesem Märchen verkleidet sich eine verlassene Braut, eine Prinzessin, in einen Jäger und nimmt noch 11 Jungfrauen, die ihr gleichen und die auch als Jäger verkleidet sind, mit an den Hof ihres ehemaligen Bräutigams. Sie werden die Jäger des Königs.
Obwohl der König einen Löwen besitzt, der nicht nur sprechen kann, sondern auch alle Geheimnisse kennt, können drei Proben, die der König den Jägern auf den Rat des Löwens stellt, nicht beweisen, dass sie Mädchen sind.
Als die Ankunft der neuen Braut des Königs gemeldet wird, fällt die Königstochter bei der Jagd ohnmächtig vom Pferd. Der König will seinem lieben Jäger helfen, zieht ihm den Handschuh aus und erkennt den Ring, den er seiner Braut einst geschenkt hatte. Erst danach erkennt er sie und ist so gerührt, dass er der neuen Braut einen Boten schickt und sie bittet in ihr Reich zurück zu kehren. Und so heiratet der König seine erste Braut.
Ich war angenehm überrascht, ein Märchen in dem sich zwölf Frauen als Männer verkleiden, in der Sammlung der Brüder Grimm zu finden. Das Thema „Mann oder Frau?“ ist auch das Thema des ersten Märchenabends von „Märchen im Turm“ am 30. Januar 2025 bei den ich die „Herrin des Abends“ sein werde.
Ich finde dieses Thema unglaublich spannend, weil es mir zeigt, dass es queere Menschen schon immer gab, auch wenn es den Begriff noch nicht gab. Meistens verkleideten sich Frauen als Männer, seltener Männer als Frauen. Manchmal werden Männer in Frauen oder Frauen in Männer verwandelt. In welcher Rolle sie glücklicher sind, verrät das Märchen oft nicht.
Märchen im Handwerksmuseum Kühnertsgasse: „Märchen aus der Mongolei“
Zu meiner großen Überraschung waren mindestens 20 Zuhörerrinnen und Zuhörer an diesem grauen Novembertag im Handwerksmuseum in der mittelalterlichen Bohlenstube versammelt. Glücklicherweise brachte mich die Bahn pünktlich vom Treffen des Orgateams in Düsseldorf zurück nach Nürnberg. Zu Fuß, wenn auch mit Koffer, ist es nicht weit bis in die Kühnertgasse.
Ich habe in meinem schönen, blauen Deel erst das Novembergedicht von Hanns Seidel rezitiert und dann Märchen aus der Mongolei erzählt.
Besprechung der Märchenerzählerei im Café-Restaurant „Tante Noris am See“
Bei diesem Treffen haben wir ein paar Veranstaltungen des kommenden Jahres geplant. Wir werden 2025 wieder ein Treffen in Pappenheim machen. Ich werde bei Reingards Reihe „Märchen am Ofenfeuer“ erzählen.

Im Sommerdeel in der mittelalterlichen Bohlenstube
Meine Workshops
Workshop für die RG Münster-Osnabrück „In meinem Reich bin ich die Königin! – Selbstfürsorge und Konfliktlösung auf Augenhöhe“ in Rulle
Ich habe schon einmal mit der RG-Münster-Osnabrück gearbeitet. Damals ging es um das Thema „Kommunikation und Streitkultur“. Dieses Mal sollte es etwas Anderes sein. Aus den Themenvorschlägen der Gruppe habe ich den Workshop konzipiert. Ich wollte dieses Mal einen Schwerpunkt auf die Reflexion der eigenen Gefühle, Werte und Bedürfnisse setzen und mich erst im zweiten Schritt der Konfliktlösung zuwenden. Je klarer ich mich selbst wahrnehme, desto klarer kann ich meine Bedürfnisse kommunizieren und bei Bedarf Grenzen setzen.
Bei diesem Workshop habe ich zum ersten Mal mit der „Hier-und-Jetzt-Übung“ von Vera Birkenbihl gearbeitet, in der es darum geht, die Selbstwahrnehmung zu fördern. Bei dieser Übung unterbricht man seine Aktivitäten, um bei Musik in sich hineinspüren, um herauszufinden, was man gerade braucht. Ich fand es schwierig, die passende Musik auszuwählen und habe mit unterschiedlichen Instrumentalstücken experimentiert. Dabei habe ich für mich herausgefunden, dass die Musik einen großen Einfluss auf die Stimmung der Frauen hatte.
Die Gruppe hat sehr konzentriert und engagiert gearbeitet und nach den Unterbrechern, die fast wie Pausen wirkten, weitergearbeitet.
Mir war es wichtig, dass sich die Frauen ihre positiven Eigenschaften bewusst machen und sie würdigen, indem sie zwei Lobverse auf sich selbst und eine auf eine andere Frau schreiben. Diese Lobverse haben die Frauen in der Gruppe vorgetragen und durch rasseln und klingeln gewürdigt.
Im zweiten Schritt haben wir uns dem Thema „Konflikte“ zugewandt und damit den Hürden und Hindernissen, die einer gelungenen Kommunikation entgegen stehen, wie das berühmt-berüchtigte Drama-Dreieck bestehend aus Opfer, Verfolger und Retter und das „Ja, aber“-Spiel. Richtig fein wird es, wenn das Opfer „Ja, aber“ spielt. Kein Vorschlag, den der Retter macht, ist für das Opfer durchführbar. Vielleicht dreht sich das Opfer um, wird zum Verfolger und macht nun dem Retter Vorwürfe, weil er keine guten Lösungen für das Problem des Opfers anzubieten hat.
Die Frage war: „Für welche Rolle bist du anfällig?“
Durch Rollenspiele anhand aktueller Situationen haben wir die Theorie in die Praxis umgesetzt.
Es war ein gelungener Workshop mit einer wunderbaren Gruppe!
Workshop „Selbstfürsorge“ für die RG München
Die Gruppenleiterin rief mich am Dienstag an und fragte, ob ich am Samstag einen Workshop in der Gruppe halten könnte, weil ein Referent kurzfristig abgesagt hatte.
In diesem Fall war es sehr einfach, denn ich hatte gerade den Workshop zum Thema „Selbstfürsorge und Konfliktlösung“ für die RG Münster-Osnabrück gehalten. Ich bot also das Thema „Selbstfürsorge“ an.
Ein wichtiger Bestandteil waren „kulturelle Narrationen und Erwartungen“. Das sind Erwartungen, die zur westlichen Kultur gehören und die zu erfüllen wir für so selbstverständlich halten, dass wir sie nicht hinterfragen. Sie hindern uns im Alltag daran, fürsorglich mit uns selbst umzugehen.
Ich erwartete lange Zeit von mir, jederzeit, in jeder Situation, gut organisiert zu sein und habe sehr gelitten, wenn mir das nicht gelungen ist. Jetzt kann ich das gelassener sehen und erlebe mich nicht mehr als gescheitert. Denn darum geht es: Dem Gefühl, gescheitert zu sein, zu entgehen und stattdessen fürsorglich mit sich selbst und anderen umzugehen.
Ich darf mich also mit mir selbst und mit meinen Fehlern und Schwächen wohl fühlen und muss dem inneren Kritiker nicht ständig zuhören, dem ich sowieso nie etwas recht machen kann.
Bestellt war ein vierstündiger Workshop ohne längere Pausen, weil die Gruppe im Anschluss zum Italiener essen geht, tatsächlich aber kamen fast alle Frauen ungefrühstückt und brauchten eine kurze Pause, um Kaffee zu trinken und Brezn mit Obatztem zu essen.
Für alle Menschen, die nicht aus Bayern kommen:
Obatzter ist eine pikante bayerische Käsezubereitung, die aus Camembert, Brie oder anderen Weichkäsen besteht. Diese vermischt man mit Butter und fügt Gewürze, hauptsächlich Paprika sowie häufig Kümmel oder Zwiebeln hinzu.
Wie gut, dass ich die „Hier-und-Jetzt-Übung“ von Vera Birkenbhl dabei hatte! Da ließen sich Dinge, die man beim Ablauf eines Workshops braucht, wie von selbst einfügen: Frühstückspause, den Raum lüften, Klopause… Dieses Mal hatte ich die richtige Musik dabei und es ging gut.
Es war ein gelungener Workshop, den die Frauen der RG und ich sehr genossen haben. Mich zu beauftragen ist auch leicht, weil ich leicht mit der Bahn an einem Tag nach München und wieder nach Hause fahren kann.

Kreismitte in Rulle
Das Treffen des Orgateams der Turner-Syndrom-Vereinigung in der Jugendherberge Düsseldorf
Im Herbst vor dem Jahrestreffen trifft sich das Orgateam in der Jugendherberge, in der das Jahrestreffen stattfinden wird.
Dieses Treffen hat vier Funktionen:
- Es ist eine Teambuilding-Maßnahme, weil sich die meisten Mitglieder des Orgateams nicht so häufig sehen.
- Alle Aufgaben werden benannt und unter uns aufgeteilt. Wir sind basisdemokratisch organisiert und arbeiten gut zusammen.
- Wir lernen das Tagungshaus, meistens eine Jugendherberge, kennen oder erfahren vor Ort Neuerungen.
- Viele nützen die Möglichkeit, die Stadt, in der das Jahrestreffen statt findet, näher kennen zu lernen.
Ich habe dieses Mal ausprobiert, wie es mir damit geht, mit dem Zug anzureisen. Jahrelang bin ich voller Freude mit dem Auto überallhin gefahren. Das hat viele Vorteile:
- Ich kann mitnehmen, was ich will, auch meinen Schemel
- Die Anzahl der Gepäckstücke und ihr Gewicht spielen keine Rolle
- Ich habe einen sicheren Sitzplatz
Aber es gibt auch Nachteile
- Ich fahre länger mit dem Auto als mit dem Zug
- Um nach Düsseldorf zu kommen, hätte ich an einem Freitag über die A3 fahren müssen, die gerade gefühlt 100 Baustellen hat!
- Im November kann es noch regnen oder schon schneien
Ich war überrascht, wie gut ich durchgekommen bin. Ich wählte eine Zugverbindung, bei der ich nicht umsteigen musste und war in meiner Aufregung viel zu früh am Nürnberger Hauptbahnhof. Der Zug hatte fast keine Verspätung. Es gibt einen Bus, der direkt vor der Jugendherberge hält. Bequemer kann es nicht sein!
Am Sonntag bin ich dann lieber mit der Taxe zum Bahnhof gefahren, weil ich den Zug nach Nürnberg unbedingt erwischen musste, um rechtzeitig zum Erzählen im Handwerksmuseum zu sein. Leider hatte der Zug 15 Minuten Verspätung, aber es gelang mir, pünktlich im Deel mit Märchentisch anzufangen.
Fazit:
Es hat mir gut gefallen, mit dem Zug zu reisen und ich überlege, wie ich mein Gepäck verpacke, damit ich auch zum Jahrestreffen mit dem Zug anreisen kann.
Darauf freue ich mich im Dezember
- Advent-ure – der Weihnachtsmarkt vom Schloss Eysölden
Dieses Jahr erzähle ich gleich viermal, jeweils eine halbe Stunde. In meinem Terminkalender kannst du die genauen Termine nachschauen. - Plätzchen backen und Katzen kuscheln
Ohne selbst gebackene Plätzchen kann ich nicht Weihnachten feiern, also verfalle ich jedes Jahr vor Weihnachten dem Backwahn und backe mindestens 9 verschiedene Sorten. Manchmal werden es auch mehr.

Der Turm von Schloss Eysölden
Liebe Bettina, danke, dass du Frauenmärchen lebendig erhältst und weitergibst! Als ich jünger war, habe ich eine Zeitlang auch solche…
Das gefällt mir; ein sehr fundierter Artikel, er erklärt gut wozu (d)ein Märchentisch gut ist und was die Gegenstände bedeuten.…
Super Schön geschrieben Danke zorica Märchenerzählerin
Märchentisch kannte ich noch gar nicht. Die Idee ist so simpel und wunderschön. Pannesamt kostet ja nicht die Welt und…
Hab gerade deinen Artikel gelesen. Ich kenne dich ja auch schon ziemlich lange. Hab gerade ein wenig Pipi in den…
Laut Wikipedia ist der Gruß "Mahlzeit!" die seit dem 19. Jhd. gebräuchliche Abkürzung von "Gesegnete Mahlzeit!". "Mahlzeit!" findet sich schon…
Mahlzeit hat mir auch nie gefallen, wäre schon interessant zu wissen wo es herkommt, abgesehen von Knigge!?