Braunes Kamel in der Gobi

Das Kamel

Glaubt es oder nicht, das Kamel war einst das prächtigste aller Tiere! Es ist wirklich wahr!
Es hatte ein Geweih mit goldenen Spitzen und einen langen, dicken, buschigen Schwanz.
Tag für Tag pflegte das Kamel neben dem Fluss zu stehen und sein Spiegelbild im Wasser zu bewundern.

Eines Tages, als es so da stand, kam von den Hügeln der sibirische Hirsch herabgelaufen.
„Ekii, Teve!“
So sagt man „Hallo Kamel!“ auf Tuwinisch.
„Mein Bruder, du hast das prächtigste Geweih, die ich jemals gesehen habe. Würdest du es mir bitte leihen? Ich gehe auf ein Fest und würde mich gerne ein bisschen zurecht­machen.“
„Mein Geweih? Es würde mir gar nicht gefallen, mein Geweih weg zu geben.“
„Mach dir keine Sorgen, mein Bruder. Ich bringe es dir gleich Morgen zurück.“
„Morgen? Das ist gut. Aber vergiss es nicht.“
Und so nahm Teve, das Kamel, sein prächtiges Geweih ab und lieh es dem Hirsch. Der Hirsch rannte fort, hinauf in die Berge.
Teve stand neben dem Fluss und bewunderte, was von seinem Spiegelbild noch übrig war.

Kurze Zeit später kam das Pferd vorbei.
„Ekii, Teve! Mein Bruder, du hast den schönsten Schwanz, den ich jemals gesehen habe. Würdest du ihn mir bitte leihen? Ich bin auf dem Weg zu einem Pferderennen und ich bin mir sicher, ich würde es gewinnen, wenn ich nur deinen Schwanz hätte.“
„Nein! Ich habe bereits mein Geweih verliehen und kann nicht auch noch meinen Schwanz hergeben.“
„Mach dir keine Sorgen, mein Bruder. Ich bringe ihn zurück, sowie das Rennen vorüber ist.“
„Bist du sicher? Na gut, aber vergiss nicht, ihn gleich wieder zurückzubringen.”
Er nahm seinen langen, dicken, buschigen Schwanz ab und gab ihn dem Pferd. Das Pferd galoppierte davon, hinaus in die Steppe.

Das Kamel stand nun neben dem Fluss, starrte in die Ferne und hielt Ausschau nach seinen Freun­den. Es wartete den ganzen Tag. Es wartete den nächsten Tag und den Tag danach.
Weder der Hirsch noch das Pferd kamen jemals zurück.

Der Hirsch hielt sich weit entfernt in den Wäldern und Bergen auf. Und das Pferd? Immer wenn es auf ein Kamel trifft, scheut es hinweg.
Ja, da könnt ihr mal sehen, wie gutmütig das Kamel ist!

Fassung Bettina von Hanffstengel