Blick auf den Nürnberger Kettensteg

Diesen Monat habe ich meine ganz persönliche Springprozession erlebt.

Bei der Springprozession tanzen die Teilnehmenden ein bis zu drei Schritte vor und wieder und dann wieder ein bis zwei Schritte zurück. Ganz genauso hat sich mein Monat angefühlt. Aber nun der Reihe nach.

 

Meine Märchenveranstaltungen zum Weltgeschichtentag

    1. „Über 7 Brücken – ein Märchenspaziergang über sieben Brücken der Nürnberger Altstadt“
      Diesen Märchenspauziergang hat meine Kollegin Hella Rißmann zusammen mit ihrem Mann erdacht. Er führte über 7 Brücken der Nürnberger Altstadt. Das waren: Der Hohe Steg, die Spitalbrücke, die Museumsbrücke, die Fleischbrücke, die Karlsbrücke, der Henkersteg und die Maxbrücke. Hella hatte Geschichtliches zu jeder Brücke gesammelt und dann erzählten vier Märchenerzählerinnen jeweils ein oder mehrere Märchen von Brücken aus aller Welt und Nürnberger Sagen.
      Ich erzählte das Märchen von der „Prinzessin auf der gläsernen Brücke“, in der ein Bauernsohn eine Königin, die in eine alte Frau mit einem riesigen Kopf verwandelt wurde und die auf einer gläsernen Brücke sitzt, erlöst. Sie ist nun die reichste und schönste Frau der Welt und die Brücke ist aus Silber. Nun ist der Bauersohn König und die Königin stellt es ihm frei, sie zu heiraten oder es zu lassen. Er entscheidet sich dafür, sie zu heiraten, nachdem er diese ganzen Mühen auf sich genommen hat, um sie zu erlösen.
      Meine Kollegin Hildegard Michaelis erzählte von den Leuten in Gotham, die versuchten ihren Haferbrei im Fluss, hinter dem Stauwehr, zu kochen, weil es da so sprudelt.
      Hildegard erzählte auch, wie Till Eulenspiegel einst nach Nürnberg kam und vorgab die Kranken Heilig-Geist-Spital heilen zu können.
      Leider sind nicht viele Leute mitgegangen, aber der Spaziergang ist wirklich gut ausgedacht und hat viel Spaß gemacht! Vielleicht gibt’s mal eine Neuauflage.
    2. Brücken bauen – mein Online-Märchenabend
      Seit der Corona-Zeit haben wir Erzählende von der MÄRCHENERZÄHLEREI in wechselnden Besetzungen Online-Märchenabende zum Weltgeschichtentag angeboten. Dieses Mal habe ich mich alleine getraut. Leider haben sich nur zwei Teilnehmende angemeldet und eine ist gekommen. Sie ist selbst Märchenerzählerin aus dem Erzählkreis Hamm. Dort gibt es zum achten Mal vom 25. 04. – 12.05. den FabelFrühling Hamm.

Das Weibertreffen der Turner-Syndrom Vereinigung Deutschland

Dieses Jahr fand das Weibertreffen unübersehbar in der (frisch renovierten) Jugendherberge in Mainz statt. Sie ist nicht nur farbenfroh und witzig durchdesignt, auch das Treppenhaus wurde verlegt, so dass der Aufzug nun nicht mehr nur in das UG zum Speisesaal fährt, sondern auch bis hinauf in den 4. Stock! Das Bistro befindet sich nun beim Eingang. An der anderen Stelle ist ein weiterer Tagungsraum.

Das Thema dieses Jahr war „Me, Myself and I – Wer bin ich und wo will ich hin?“ Dieses Jahr waren wir wieder drei Frauen:

Seit 2017 ist Hannah Lüsebrink, Ergotherapeutin und Freundin, meine Ko-Referentin. Ich arbeite so gerne mit ihr zusammen, weil wir uns auf Augenhöhe begegnen und ich gleichzeitig so viel von ihr lernen kann. Das macht richtig Spaß!

Seit 2023 hat unser Verein eine Jugendfürsprecherin (nach 35 Jahren kann sich der Verein das wirklich gönnen), nämlich Anna Lena Pauers. Auch bei ihr zeigt sich so schön, wie leicht man im Verein (immer noch!) die Rollen wechseln und sich weiter entwickeln kann.

Anna Lena hat jahrelang am Weibertreffen teillgenommen. Danach ist sie mit ihren Freundinnen zum Frauentreffen gewechselt. Das hat mich so gefreut, denn das machen nicht alle. Und nun ist sie Mitglied im Orgateam, das das Jahrestreffen vorbereitet und Jugendfürsprecherin. Genauso hatte ich mir das gewünscht, als ich das Weibertreffen damals, vor 20 Jahren ins Leben gerufen habe: Mädchen, die gemeinsam herausfinden, was das UTS (Ullrich-Turner-Syndrom) für sie bedeutet, die erkennen, dass der Verein auch für sie da ist und die dann, wenn sie so weit sind „den Laden“ (den Verein) übernehmen und weiter entwickeln. 

An unserem Wochenende haben sich die Mädchen mit Fragen wie die folgenden auseinander gesetzt: „Was bedeutet dein Name für dich? Was für eine Bedeutung hat der Name? Wenn du in den Spiegel siehst, wen oder was siehst du da?“ Außerdem habe sie überlegt, welche Gedanken oder Vorstellungen sie loslassen können, um ein glücklicheres Leben führen zu können.

Dazu habe ich die passenden Märchen ausgesucht und erzählt. Zwei davon waren Spiegelmärchen: 

Das erste Märchen näherte sich auf humorvolle Weise dem Spiegelthema:
In der jüdischen „Geschichte von den drei Dämonen“ treiben Vater, Mutter und ein kleines Dämonenmädchen ihr Unwesen in einem Haus, das von einer Familie bewohnt wird, die aus Vater, Mutter und einem kleinen Mädchen besteht. Das kleine Dämonenmädchen, das einen Entenkopf und Katzenpfoten hat und sich mit Vorliebe in Spiegeln versteckt, erschreckt das kleine Mädchen, indem es sich in ihrem Spiegel versteckt. Die Kleine denkt nun, sie hätte sich in ein Ungeheuer verwandelt.  

Das zweite Märchen „Der geheimnisvolle Spiegel“ erzählt von einer Einsiedlerin, die zuvor Nonne in einem Kloster gewesen war. Eigentlich gefällt der Frau ihr Leben ganz gut, auch wenn sie nach einiger Zeit spürt, dass etwas fehlt. Ein wandernder Mönch erzählt ihr von einem Kloster, in dem ein geheimnisvoller Spiegel aufbewahrt wird: „In diesem Spiegel sieht man nicht das Gesicht, das man gerade hat, sondern das Gesicht, das man haben sollte. Man sieht, wie man von innen her angelegt ist und was das Leben noch mit einem vorhat.“
Die Einsiedlerin macht sich auf den Weg zu dem Kloster, sieht in den Spiegel hinein und sieht eine Frau, der die Lebensfreude aus allen Poren spritzt, heiter, strahlend, kraftvoll, weise und gütig.
Zu Hause angekommen, ändert sie ein paar Gewohnheiten in ihrem Leben, die nicht zu diesem Bild passen. Das tut sie drei Jahre lang und dann ist sie die geworden, die sie im Spiegel gesehen hat.

Das dritte Märchen „Kathrin-Knack-die-Nuss“ erzählt von der guten Freundin, die jede und jeder von uns braucht: Ein König und eine Königin, die je schon eine Tochter haben, heiraten. Obwohl die Tochter des Königs (Anne) viel schöner ist als die der Königin (Kathrin), lieben sich die beiden wie leibliche Schwestern. Daran kann auch die Intrige der Königin nichts ändern, die dazu führt, dass Anne einen Schafskopf bekommt.
Kathrin verlässt mit ihrer Schwester das Schloss und findet Zuflucht bei einem König, der zwei Söhne hat, wovon der eine eine unheilbar krank ist. Jede Nacht verlässt er das Schloss, um mit den Feen zu tanzen. Kathrin, die ihn bewacht folgt ihm. Auf dem Weg ins Feenreich pflückt sie Haselnüsse, die sie am andern Morgen knackt. Sie kann ihre Schwester durch Feenzauber heilen und auch den jungen Königssohn. Am Ende des Märchens steht eine Doppelhochzeit.

Am Sonntag schreiben die Mädchen einen Bericht für das Magazin des Vereins. Ich finde es jedes Mal sehr spannend, zu sehen, was für sie wichtig war. 

                                                                                                                                                                                  

 

Lila Krokus und gelbe, fast verblühte Anemonen

Fortbildung bei Momo Heiß und Viktoria Behem „Naturverbunden Geschichten erzählen“

Im Februar habe ich mich darauf gefreut und erlebt, wie sich meine Sinne für die Natur öffnen, aber im März ging es richtig los und hat mir, wie erwartet, Spaß gemacht.

Ich gehöre zu den Erzähler*innen, die Märchen zwar Bild für Bild, aber doch relativ textgetreu erzählen. Aber Momo Heiß macht es ganz anders. Sie findet lieber eigene Formulierungen, denn viele Märchen sind zwar gemeinfrei, aber manchmal nicht in der Version, die in einem Märchenbuch steht.

Wie finde ich eigene Formulierungen?
Das Märchen nur dreimal lesen. Bei einem kurzen Märchen ist das leicht, da behalte ich den Ablauf leicht im Kopf. Danach ein Storyboard malen. Es ist nicht wichtig, dass das Storyboard besonders schön ist. Es ist nur wichtig, dass der Ablauf des Märchens enthalten ist. Dann ist es einfach, ein Bild nach dem anderen erzählend zu beschreiben. Ich darf auch eigene Erfahrungen mit einflechten. Ganz wichtig ist die Verantwortung, die ich als Erzählerin gegenüber denjenigen habe, die das Märchen vor mir erzählt haben und denen, die mir zuhören.

Abschied von Angela Grimm-Kraft

Angela Grimm-Kraft war von 1990 bis 1992 die 1. Vorstizende der Turner-Syndrom-Vereinigung und hat viel Grundlagenarbeit genmacht. Sie forschte gemeinsam mit Dr. Astrid Bühren und die Beiden fanden heraus, dass Dr. Otto-Ullrich noch vor dem amerikanischen Endokrinologen Dr. Henry Turner das Ullrich-Turner-Syndrom beschrieben hat. Aber wenn sie 1992 nicht beschlossen hätte, nicht mehr als 1. Vorsitzende zu kandidieren, wer weiß, ob ich dann so schnell Mitgleid im Verein geworden wäre.

Obwohl ihre Ankündigung keine Überraschung für die Vereinsmitglieder war, hat es alle schwer getroffen, so sehr dass die Mitgliederversammlung unterbrochen und die Wahl verschoben werden musste. Ich nahm, obwohl ich kein Mitglied war, an der Mitgliederversammlung teil. Lange meldete sich niemand, bis eine Frau aufstand und sagte: „Ich kann’s wohl machen.“ Da dachte ich: ‚Oh, nein, sie bestimmt eine nette Frau, die zum Wohle des Vereins auch eine Aufgabe übernimmt, die ihr nicht wirklich liegt. Aber sie kann sich bestimmt nicht durchsetzen, wenn es sein muss!‘ Ich wollte unbedingt eine Frau an der Spitze des Vereins haben, die das konnte.

Warum eigentlich? Was hat mich damals geritten? Ich weiß es nicht mehr! Vielleicht die blitzartige Erkenntnis, dass dieser Verein, obwohl er alles Andere als perfekt war, der einzige Verein war und ist, in dem ich Frauen begegnen konnte, die so sind wie ich. Kurz entschlossen trat ich dem Verein bei. Damals zahlte man auf dem Treffen seinen Teilnahmebeitrag bei der Schatzmeisterin. So konnte ich ganz unkompliziert meinen Mitgliedsantrag ausfüllen, meinen Beitrag bezahlen und wählen.

Ohne viel nachzudenken war ich Mitglied geworden und das habe ich Angela zu verdanken.

Gerade in der Anfangszeit (den Verein gab es damals gerade mal 4 Jahre) war es dem Vorstand sehr wichtig, Regionalgruppen zu  gründen. Üblicherweise wurden die Kinder- und Universitätskliniken angeschrieben und um Unterstützung gebeten. So kam es zu einem Turner-Tag in der Cnopf’schen Kinderklinik, bei dem ich Angela Grimm-Kraft noch einmal begegnete. Sie war 2018 am Aufbau der Turner-Zentren beteiligt.  Auch als Seniorin der Generationenkampagne der TurnerSyndrom-Vereinigung machte sie eine prima Figur. Ich habe mich sehr gefreut, dass sie 2017 Referentin beim Jahrestreffen war und uns das Thema „Älter werden gestalten“ angeboten hat. Dieses Mitdenken und die Mitarbeit anbieten habe ich sehr an ihr geschätzt!
Auch sie konnte gut die Rollen wechseln und kam als Teilnehmerin zum Frauentreffen.
Einmal hat sie erzählt: „Mein Neffe hat gesagt: „Jetzt weiß ich, was du für ein Hobby hast, lachen!“

So will ich sie in Erinnerung behalten: Eine fröhliche, herzliche und engagierte Frau!

Und sonst?

Schimmelstute schaut aus ihrer Außenbox

 Mädi in der Außenbox (Fotografie von einem Papierbild)

Meine Kollegin Heike Appold musste ihre Hündin Luna gehen lassen. Ich bin bekanntermaßen eine Katzenfrau und doch hat Lunas Tod ganz viel bei mir ausgelöst.

Vor Jahren hatte ich ein Pferd. Araberabstammung, wie man so sagt, eine wunderschöne Schimmelstute namens Mädi. Mädi ist ein blöder Name, für mich war sie DAS Pferd. Sie war damals, vor 40 Jahren, mein Ein-und-Alles. Sie war dämpfig, kam damit aber ganz zurecht, denn ich war mit ihr nur draußen unterwegs, zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter, denn in jeder Halle hätte sie viel zu viel Staub eingeatmet. Wir waren ein wirklich gutes Team. Mit ihr lernte ich „vorausschauendes Reiten“, weil sie so schreckhaft war.

Eines Tages bekam Mädi eine Kolik, die der Tierarzt leider nicht ernst nahm, weil so viele Stuten in diesem Herbst eine Kolik bekommen hatten. Ich wachte die ganze Nacht hindurch und hinderte sie daran, sich hinzulegen. Aber alles half nichts. Ein zweiter Tierarzt nahm sie am anderen Morgen auf seinem Pferdeanhänger mit und stellte fest, dass sie eine Darmverschlingung hatte. Das war ihr Todesurteil, weil sie aufgrund ihrer Dämpfigkeit nach der OP nicht genug Sauerstoff im Blut gehabt hätte, um wieder aufstehen zu können.

Leider war der Stall des Tieraztes etwas weiter weg, so dass ich nur mit dem Auto hingekommen wäre und alle, die mir vorher ihre Hilfe für diesen Fall angeboten hatten, an ihrem Arbeitsplatz. Warten konnte ich in dieser Situation nicht und gab dem Tierarzt schweren Herzens den Auftrag, mein geliebtes Pferd einzuschläfern.

Ich habe sie also nie wieder gesehen. Ich habe mir jahrzehntelang wegen der Kolik Vorwürfe gemacht und jahrelang von ihr geträumt.

Geholfen hat mir letztendlich eine Übung, die ich in einem Workshop bei Sabine Gleichmann gemacht habe, in der ich Mädi als Krafttier wieder fand.