Märchenerzählerin – „Es war einmal und (kann) wieder sein…“

Lange Zeit dachte ich, eher zufällig zum Märchenerzählen gekommen zu sein. Heute glaube ich, dass ich eine gute Gelegenheit beim Schopf ergriffen habe.

Ich bin in einer Familie von Wortklauber*innen und Erzählenden aufgewachsen. Mein Vater, Jahrgang 1911, hat uns Geschichten aus seinem Leben erzählt: über die Familie von Hanffstengel, die es schon seit 500 Jahren gibt, aus seiner Schulzeit in der Weimarer Republik, vom Börsenkrach und von der Inflation. Meine Mutter, Jahrgang 1928, erzählte wenig aus ihrer Kindheit und Jugend im Dritten Reich, aber ich erinnere mich an ein Märchen der Brüder Grimm, das ich lange Zeit für eine witzige Geschichte hielt, die meine Mutter irgendwo gehört hatte. Es ist eines der Märchen aus der Schweiz, die in der Sammlung der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm enthalten sind und heißt „Die Brautschau“.

Ich habe mich schon immer für gute Geschichten interessiert. Dabei ist es mir gleichgültig, ob es sich um ein Gedicht, ein Märchen, ein Kinder- oder Jugendbuch, einen Roman oder einen Radiobeitrag zu einem Sachthema handelt; Hauptsache die Geschichte ist gut erzählt und regt meine Fantasie an. Ich lebe in diesen Geschichten und mit ihnen richtig auf.

Als eine meiner ehemaligen Dozentinnen der Evangelischen Fachakademie für Sozialpädagogik in Nürnberg, Sabine Raile, am 10. Juli 1994 zusammen mit ihrer Tochter Jana Raile das Märchenzentrum DornRosen in Nürnberg eröffnete, ging ich hin, weil ich sehen wollte, was sie da machten. Noch heute, knapp 30 Jahre später, kann ich mich an zwei der Märchen erinnern, die bei der Eröffnung erzählt wurden. Ich war begeistert von der Art, Märchen zu erzählen und wollte das unbedingt selbst lernen.

An Märchen fasziniert mich am meisten, dass sie ein fantasievolles Abbild der Wirklichkeit sind. Bei genauerem Hinhören öffnen sie Türen in meinem Geist. Nach dem ersten befreiten Auflachen oder Aufatmen beginne ich zu überlegen und stelle Verbindungen zu meinem eigenen Leben her. Märchen schaffen Möglichkeitsräume, regen die Fantasie an und schenken Hoffnung: Außerdem ist es mir ganz wichtig Mädchen und Frauen zu bestärken. Märchen gehören zur sogenannten Kleinkunst. Das ist doch die passende Kunstform für eine Kleinwüchsige wie mich, nicht wahr?

Kein Mensch muss besonders klug sein oder Vorwissen haben, um Märchen zu verstehen. Märchen sind also ein kulturelles Angebot für alle: Kinder, Erwachsene und Senior*innen. Weil es so viele, verschiedene Märchen gibt, kann ich aus der Fülle der Märchen allen Zuhörer*innen lustige, berührende und inspirierende Märchen erzählen.

Mir tun Märchen immer wieder von neuem gut. Sie richten mich auf, wenn ich mich traurig und verloren fühle. Sie besänftigen mich, wenn ich grantig bin. Sie schenken mir Hoffnung, wenn ich verzweifelt bin. Ich will dir die schönsten Märchen aus meiner Sammlung erzählen, um deiner Fantasie Flügel zu verleihen und dich zu inspirieren.

Freiwilliges Engagement

Ganz wichtig in meinem Leben ist mein freiwilliges Engagement. Es gibt zwei Vereine für die ich mich engagiere, die Turner-Syndrom-Vereinigung Deutschland e.V. und der Förderverein Mongolei.

Turner-Syndrom-Vereinigung Deutschland e.V. – Nie wieder allein sein!

Ich habe selbst das Ullrich-Turner-Syndrom (UTS). Das ist eine seltene Erkrankung, die nur Mädchen und Frauen betrifft. Weil sie so selten ist, hat es lange gedauert, sie zu erforschen und die Vorurteile, mit denen sich Frauen meiner Generation konfrontiert sahen, zu entkräften. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts glaubte man beispielsweise, dass alle Mädchen und Frauen mit UTS geistig eingeschränkt und nicht in der Lage sind, ein selbst bestimmtes und eigenverantwortliches Leben zu führen. Heute weiß man, dass es beim UTS keine mentalen Einschränkungen gibt.

Wenn du mehr über das UTS wissen willst, kannst du das auf der Webseite des der Turner-Syndrom-Vereinigung Deutschland e.V. nachlesen oder in Luisas Podcast „Das Leben mit X Chancen – Das Leben mit dem Turner-Syndrom“ reinhören.

Die Ullrich-Turner-Syndrom-Vereinigung wurde 1988 gegründet. 1992 wagte ich mich zu meinem ersten Jahrestreffen und bin spontan in den Verein eingetreten, weil ich den Vorstand mitwählen wollte. Mir war die tiefe Verbindung, die nun fast mein halbes Leben lang anhält, in diesem Augenblick überhaupt nicht bewusst. Nur eines war mir schon damals klar: Ich war froh, dass ich den Verein gefunden hatte. Mit vielen Frauen, die ich 1992 kennen lernte, bin ich bis heute befreundet. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich nicht mehr Einzige mit einer bestimmten Erfahrung und auch nicht die Einzige, die lange, laut und herzhaft lachen kann!

Das erste Frauentreffen 1992 hat mir sehr gut getan. Es hat so viel in meinem Leben und im Verein verändert. Es hat die Frauen gestärkt, zur Gründung von Regionalgruppen geführt, die es bis heute gibt. Freundschaften fürs Leben begannen dort. Mir war und ist das Frauentreffen so wichtig, dass ich seit 1992 nur drei Treffen verpasst habe.

Meine erste Aktivität als freiwillig Engagierte war folgerichtig die Organisation des Frauentreffens 1997 in Neuendettelsau (auch Novodettelsibirsk genannt). Weil ich damals im Verein relativ unbekannt war, trauten sich nun auch andere Frauen, das Treffen zu organisieren: „So schwer kann das gar nicht sein. Was Bettina kann, können wir auch!“

Mein Antrieb für mein Engagement im Verein ist bis heute: Nie wieder soll sich ein Mädchen oder eine Frau mit UTS so allein und negativ einzigartig fühlen, wie ich lange Zeit! Ich will, dass jede spürt, wie toll und wundervoll sie ist und sich zutraut, ihr Potential zu leben. Dafür arbeite ich, inzwischen als Ansprechpartnerin des Orgateams (der offizielle Titel lautet Orgateam-Mama), das das Jahrestreffens (das Treffen für Mädchen, Frauen, Angehörige und Partner*innen) vorbereitet. Jedes Jahr von neuem freue ich mich auf das Weibertreffen. Das Weibertreffen ist das Treffen für Mädchen mit UTS und ihre Schwestern, Cousinen, Freundinnen…von 12 – 19 Jahren, das ich 2003 auf Antrag der Mädchen ins Leben gerufen habe. Dort bin ich auch als Referentin tätig. Dieser etwas irreführende Begriff bezeichnet in unserem Verein alle Fachleute, die einen Vortrag halten oder einen Workshop durchführen. 

Noch Anfang des 21. Jhds. glaubte man, dass sich Fachkompetenz und UTS ausschließen. Deshalb habe ich von Beginn an, viel Wert darauf gelegt, Frauen mit UTS als Referentinnen beim Jahrestreffen einzuladen, um das Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken und den Eltern Vorbilder für ihre Mädchen zu präsentieren.

Mir ist es sehr wichtig, den Halt und die Unterstützung, die ich seit Beginn der 90er Jahre vom Verein bekommen habe, zurück zu geben und mit dafür zu sorgen, dass der Verein sich weiter entwickelt.

Hügelige Steppenlandschaft mit Gebirgszug

Förderverein Mongolei

Jahrzehntelang hatte ich davon geträumt, in die Mongolei zu reisen. Und das nur, weil ich zwei Bücher gelesen habe, nämlich „Großer Tiger und Kompass-Berg“ und „Null Uhr Fünf in Urumtschi“ von Fritz Mühlenweg. Diese Bücher schildern die Abenteuer eines chinesischen und eines deutschen Jungen in der Mongolei. Sie weckten in mir eine unstillbare Sehnsucht nach diesem Land, den Traum, einmal dorthin zu reisen und die Mongolei zu Pferd zu erkunden.

Durch einen glücklichen Zufall wurde ich auf den tuwinisch-mongolischen Schriftsteller und Schamanen Galsan Tschinag aufmerksam und lernte ihn auf einer seiner zahlreichen Lesereisen in Nürnberg persönlich kennen. Er war genauso, wie ich ihn mir vorgestellt hatte und hat mich sogleich von sich, seinen Büchern und seinem Anliegen überzeugt. Er ist nämlich genauso ein Wortklauber, wie ich es bin und spielt zu meiner Freude und Bewunderung mit Worten in mehreren Sprachen!

Ich war inzwischen zweimal in der Mongolei, wenn auch mit dem Bus und nicht zu Pferd, davon einmal mit Galsan Tschinag. Ich konnte selbst miterleben, was für ein trockenes Land die Mongolei ist. Sie wird nicht umsonst „das Land des blauen Himmels“ genannt. Für Tourist*innen ist das natürlich sehr praktisch, aber wir alle wissen inzwischen, dass blauer Himmel und Sonnenschein und in der Mongolei vor allem auch Wind, Trockenheit und wenig Gras für die Tiere bedeuten.

Jahrzehntelang wurden die natürlichen Ressourcen des Mongolei ausgebeutet, ganze Wälder gerodet. Inzwischen sind nicht nur kleine Bäche, sondern auch größere Flüsse ausgetrocknet.

Ein wichtiges Anliegen der Galsan Tsching Stiftung (GTS) ist daher die Wiederaufforstung der Mongolei.

Der Förderverein Mongolei wurde 2008 von Wilma Brüggemann gegründet. Er ist, laut der Webseite des Vereins „für jeden offen, der sich in unserer globalisierten Welt für die Bedürfnisse anderer Regionen einsetzen möchte, die besonders unter dem Klimawandel, dem herausragenden Thema unserer Zeit, zu leiden haben.“ Der Verein unterstützt die Projekte der Galsan-Tschinag-Stiftung (GTS).

Ich bin 2010 in den Förderverein eingetreten, um die Baumpflanzaktion zu unterstützen und dabei geblieben, weil es noch viele, gute Projekte gibt, die die Natur erhalten und die Lebensgrundlage und die Lebensweise der Nomad*innen bewahren sollen.